►Kannst du uns dein Projekt beschreiben? Was ist die Grundidee? Ich zeige mit dem Buch meinen Arbeitsprozess über das gesamte Semester und die drei Schriften, die dabei entstanden sind. Jede Schrift wird mit einer individuellen Stiftfarbe dargestellt, damit man die Varietät des Pen-Plotters erkennen kann. Das Buch orientiert sich chronologisch am Ablauf des Semesters. Die Schrift, die ich zuerst entworfen habe, ist am Anfang des Buches zu sehen, dann kommen verschiedene Experimente, die ich dann mit dem Pen-Plotter gemacht habe und so weiter ... Das Buch soll eher den Prozess zeigen, den ich beim Entwerfen durchlaufen habe, als das fertige Ergebnis. ►Was macht deine Schriften so besonders? Die erste Schrift ‹plancton halfway singleline› wurde einzig und allein mit dem Plancton-Editor erstellt, welcher auf dem Metafont-System basiert. Das heißt, ich habe die Glyphen nicht gezeichnet, so wie mensch es in anderen Schriftprogrammen machen würde, sondern ich habe den ‹Extrempunkten› der Buchstaben einzelne Koordinaten gegeben. Diese wurden vom Editor dann so umgesetzt, dass am Ende ein Buchstabe entsteht. Theoretisch habe ich die einzelnen Glyphen ‹gecodet›. Bei ‹WAI› und ‹WAII› ist die Besonderheit, dass sich, wenn beide Schriften übereinander liegen, ein komplett neues, interessantes Zusammenspiel von organischen und geometrischen Formen ergibt. ‹WAI› vertritt dabei eher die geometrische und statische Seite, ‹WAII› ist dafür eher organisch. Mir war besonders bei ‹WAI› wichtig, dass die Schrift nicht unbedingt leserlich sein muss, da alles, was im Rahmen dieses Kurses und im Rahmen meines Buches passiert ist, sehr experimentell war. Ich persönlich finde, dass Design nicht immer eindeutig zeigen muss, was es sagen will. Manchmal geht es auch einfach darum, den Prozess dahinter zu zeigen und sich mit der Arbeitsweise und nicht mit dem Ergebnis zu beschäftigen. Der*die Betrachter*in muss selbst Interpretieren und sich darüber Gedanken machen können, was er*sie gerade sieht. ►Warum hast du den Pen-Plotter als Tool gewählt? Weil er so viel mehr Möglichkeiten bietet, als das Digitaldruckverfahren. Du kannst dir dein Papier selbst auswählen, auf das du plotten möchtest, du kannst dir deinen Stift selber aussuchen, mit dem du plotten möchtest ... Du hast die komplette Entscheidungsfreiheit vom Design- und Entwurfsprozess bis hin zum Drucken selbst. Außerdem ist das Drucken mit dem Pen-Plotter sehr viel billiger, da ich einfach nur Papier und Stifte von mir brauchte, dann konnte ich loslegen. Ich wollte mich challengen, ein Buch von Anfang bis Ende komplett selbst zu gestalten. Meistens wird der Druck und das Binden von externen Druckereien oder Buchbindereien übernommen, und das wollte ich nicht. Ich wollte ein kleines Buch über meinen Arbeitsprozess und über meine entstandenen Dinge aus dem Kurs erstellen, welches auch kleine Imperfektionen aufweist. Ein Buch, was komplett von mir kommt, bei dem es stimmt, wenn ich sage: «Das alles habe ich allein gemacht!» Natürlich ist nicht alles perfekt, aber darum geht es mir auch. Manchmal ist eben eine Seitenzahl nicht zu hundert Prozent zu sehen, da der Stift an der Stelle zu weit weg vom Papier war, oder manchmal sind Buchstaben verbunden, die eigentlich nicht verbunden sein sollten, weil der Stift zu nah am Papier war. Ich fand es einfach supersatisfying, dem Pen-Plotter bei seiner Arbeit zuzuschauen. Vorbeigehende meinten auch oft, das Geräusch des Plotters sei sehr interessant. ►Was macht den Pen-Plotter für dich so spannend? Genau das, was ich oben schon beschrieben habe: Mensch weiß nie, was herauskommt und muss auch mit kleinen Fehlern rechnen. Und die Vielfalt, die diese kleine Maschine zeigt, nur wenn man einen anderen Stift benutzt, oder die Schnelligkeit der Maschine verändert ... Generell fand ich es superinteressant, mit verschiedenen Modi, Papieren und Stiften den Pen-Plotter an seine Grenzen zu bringen und auszutesten. ►Wo würdest du deine Schriften gern einmal sehen? ‹WAI› und ‹WAII› würde ich tatsächlich gerne mal auf einem großen Editorial-Plakat sehen. Ich finde es auch toll, wenn nur einzelne Glyphen als Kunst angesehen werden und diese irgendwo groß gezeigt oder gemalt werden. Gerade ‹WAI› hat das Potenzial dazu nicht nur als Schrift, sondern auch als einzelnes abstraktes Kunststück gesehen zu werden. ►Welche Rolle spielt das Experimentieren in deinem Arbeitsprozess? Eine sehr große ... eigentlich sogar die wichtigste. Ohne Experimentieren kommt man doch gar nicht erst auf Ideen, die einen weiterbringen. Für mich ist Experimentieren die schönste Sache im Designprozess. Ich bin eine Person, die viel ausprobiert und mit verschiedensten Materialien arbeitet. Genau das macht mir auch am meisten Spaß am Designerin-Sein.
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