DExPER

Liliana Schätzl, Shaghayegh Galeshialiabadi

Kommunikationsdesign

Semesterarbeit

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Liliana Schätzl, Shaghayegh Galeshialiabadi

sie/ihr

Könnt ihr euch und euer Projekt kurz vorstellen? Wir sind beide nun mittlerweile im elften Semester im Bachelor Kommunikationsdesign und haben schon mehrere Projekte gemeinsam gestaltet, darunter auch das Plakat für den Rundgang Finkenau 2023. Wir arbeiten gerne systematisch und nach zuvor definierten Regeln im Gestaltungsprozess, da so oft Neues und Unerwartetes entsteht. Uns ist die Kombination von Analogem und Digitalem sehr wichtig, da die besten Ideen oft mit den Händen und nicht am Rechner entstehen. Lily kommt ursprünglich aus München und Shaggy aus Gorgan im Iran. Bei ‹DExPER› handelt es sich um ein gestalterisches Formexperiment, das auf der Dekonstruktion eines traditionellen Symbols von einem persischen Kelim-Teppich basiert. In der deutsch-persischen Kollektivarbeit, bei welcher beide Kulturen Einfluss auf die Gestaltung nahmen, entstand ein Katalog mit 69 geometrischen Formen, der als Basis für weitere Experimente diente. Durch Rekonstruktion und Kombination sowie der Anwendung verschiedener Gestaltungsregeln wurden neue Muster und grafische Teppiche entwickelt. Die visuellen Ergebnisse bilden eine Symbiose moderner geometrischer Gestaltung in der klaren Charakteristik des deutschen Bauhausstils sowie der Wiedererkennbarkeit traditionell persischer Webkunst. Das Abschlussprojekt ist ein Poster auf DIN-A1-Format im Risodruck. Die Vorderseite ist ein dreifarbiger Druck bestehend aus Fluo-Orange, Grün und Violett, die Rückseite zeigt den Formenkatalog im A3-Format in Schwarz. Das Projekt wurde auf dem Rundgang Finkenau 2023 an der HAW ausgestellt, sowie auf der internationalen Plakatausstellung von Kultur &Gut im September 2023 in Hamburg. Könnt ihr etwas über die Bedeutung des persischen Kelim-Teppichs erzählen? Was hat euch dazu bewegt, euch gestalterisch damit auseinanderzusetzen? Während unserer Recherche über traditionelle Muster in der persischen Kultur sind wir auf die Muster von Kelim-Teppichen gestoßen. Die persischen Kelim-Teppiche sind ein wichtiger Bestandteil der kulturellen Identität und spiegeln reiche Geschichte, Traditionen und Lebensweise wider. Bekannt für ihre charakteristischen geradlinigen und geometrischen Muster, die durch eine spezielle Webtechnik entstehen, repräsentieren diese handgewebten Teppiche ein jahrhundertealtes Handwerk, das oft von Generation zu Generation weitergegeben wird. Die Muster tragen nicht nur eine dekorative, sondern auch eine tief symbolische Bedeutung, die fest in der persischen Kultur verwurzelt ist. Sie können Glück, Schutz, Fruchtbarkeit, spirituelle Konzepte und vieles mehr repräsentieren. Besonders fasziniert hat uns die Welt der Kelims der Ghashgai. Diese Teppiche, von den Ghashgai-Nomaden handgewebt, zeichnen sich durch ihre geometrischen Muster in verschiedenen Farben aus. Ihre Entstehung ist besonders bemerkenswert, da die Nomaden ohne Vorlage frei aus ihrer Fantasie weben, was einzigartige Unikate hervorbringt. Dies führte dazu, dass wir uns intensiver mit diesem Thema auseinandersetzen wollten. Könnt ihr etwas mehr von eurem Gestaltungsprozess erzählen? Wie seid ihr vorgegangen? Wir haben ein Symbol des Ghashgai-Kelim-Teppichs als unsere Ausgangsform ausgewählt. Dieses haben wir anschließend sowohl vertikal als auch horizontal von der größtmöglichen bis zur kleinsten Form zerlegt, woraus 69 verschiedene Symbole entstanden sind. Die neuen Symbole bildeten dann die Basis für unseren Formkatalog und konnten sowohl als flächige als auch als Outline-Form verwendet werden. Zusätzlich haben wir von jedem einzelnen Symbol dessen Varianten in Drehung [90°, 180°, 270°] und Spiegelung [horizontal, vertikal] aufgelistet. Damit ergaben sich bis zu sieben weitere Varianten je Ausgangsform. Dabei haben wir jede Form im Katalog genauestens anhand ihrer Varianz und Eigenschaften nummeriert. Kennzeichnung im Katalog: erstens flächig oder Outline [F, O], zweitens vertikale oder horizontale Zerlegung ausgehend von der Ursprungsform [V, H], drittens Nummerierung [1–35], viertens Drehung [0°, 90°, 180°, 270°], fünftens Spiegelung [0, H, V]. Beispiel für eine Kennzeichnung im Katalog: F-V18-90-H Was ist euch besonders wichtig an dem Projekt? Die Entstehung solch vieler verschiedener Formen und Muster war nur möglich durch das Arbeiten im Kollektiv. Hätten wir nicht beide unsere Gedanken, Ideen und auch unsere persönlichen Wurzeln in den Prozess mit einfließen lassen, wäre es nicht möglich gewesen, dieses spannende Endprodukt zu erhalten. Für uns ist das Projekt so toll, weil wir schon in der Entstehung gemerkt haben, wie viel Spaß uns das Experimentieren, Dekonstruieren und Kombinieren bereitet. Das Schönste ist, wenn man merkt ‹jetzt läuft’s› und man spürt wie die Gestaltung in viele Richtungen weiter gedacht werden kann. Daher haben wir zum Beispiel einzelne Formen auch räumlich als dreidimensionale Formen in Blender angelegt, da wir den architektonischen Charakter damit zeigen konnten. Vielleicht nehmen wir uns irgendwann noch die Zeit und bauen einzelne Formen im realen Raum als Skulpturen nach, da gerade das Spiel vom Digitalen zurück ins Analoge immer cool ist. Vor welche Herausforderungen hat euch das Projekt gestellt? Definitiv der Risodruck auf A1-Format. Wer schon mal versucht hat unsere Riso-Drucker an der Uni mit A1-Papier zu füttern, der weiß wovon wir sprechen. Der Druck auf so einem großen Format war nur möglich, indem das Papier zuvor gefaltet wurde, was oft zu Komplikationen beim Druck und Fehlern im Ergebnis geführt hat. Wir waren sehr stolz und sehr verschwitzt, als wir es letztlich geschafft haben insgesamt zwanzig saubere Plakate zu erhalten.