►Könnt ihr euch und euer Projekt kurz vorstellen? Wir sind Michelle und Cecilia Luna – im Wintersemester 2022 haben wir den Master Kommunikationsdesign an der HAW angefangen und uns dort auch kennengelernt. Wir beide haben einen Hintergrund in Fotografie und zufälligerweise haben wir uns beide als Ziel gesetzt im Master mehr in den Videobereich einzusteigen. Das Projekt ‹Nenn mich, wie du willst› ist in Zusammenarbeit mit der Poetry-Slammerin Antonia Josefa entstanden und thematisiert den Male Gaze, den männlichen Blick. ►Warum habt ihr euch entschieden, dieses Thema durch ein Videoprojekt zu erforschen? Wir waren uns beide unabhängig voneinander erstmal sicher, dass wir im Rahmen des Kurses ‹Wir sehen, was wir nicht sehen› Lust hatten, uns technisch mit der Sichtbarkeit von Dingen zu beschäftigen. Als wir uns dann zum Brainstormen getroffen haben sind wir, ausgehend von den Fragen was es eigentlich heißt, zu sehen und gesehen zu werden, recht schnell bei dem weniger technischen Thema [Male] Gaze angekommen. Wir haben uns die Frage gestellt, ob ein Existieren als FLINTA*-Person außerhalb des Male Gaze überhaupt möglich sein kann, und wenn ja unter welchen Bedingungen. Irgendwie hat uns das dann nicht mehr losgelassen. ►Was gab es während des Prozesses für Herausforderungen, und wie seid ihr damit umgegangen? Die größte Schwierigkeit war das Koordinieren eines ganzen Teams inklusive Technikausleihe, Dreh am Set und den Temperaturen im Dezember. Da wir nicht innerhalb Hamburgs, sondern einen vollen Tag im tiefsten Winter auf dem Land gedreht haben, mussten wir sehr genau planen. Wir mussten die Lichtstunden mit in den Drehplan einbauen und sehr fix sein, als es darum ging, den Dreh zu beenden, bevor die Dunkelheit einbricht. Auch Aufwärmpausen mussten gut vorbereitet werden, in welcher Szene das Licht wie stehen muss und wie wir mit potenziellen Wetterbedingungen umgehen. Wir haben uns so detailliert vorbereitet wie es ging, mussten aber natürlich auch unserem Team vertrauen. ►Welche Auswirkungen erhofft ihr euch von diesem Projekt in Bezug auf die Diskussionen über Gender- und Geschlechterrollen? Einen Anstoß, einen Diskurs oder einen Moment des Nachdenkens für die Menschen, die das Video betrachten. Am liebsten wäre uns, dass wir mehr darüber sprechen, was an uns authentisch sein kann und was Genderperformance [nach Judith Butler] ist. Was wir bräuchten, um uns aus jahrhundertelang auferlegten Stereotypen zu emanzipieren und ob das überhaupt gänzlich möglich ist. Wir wünschen uns mehr Utopiegedanken! ►Gibt es weitere Themen oder Aspekte, die ihr in Zukunft gerne erforschen oder ansprechen würdet, basierend auf den Erkenntnissen aus diesem Projekt? Wir planen auf jeden Fall uns noch mehr mit dem Gender-Bias [bias, englisch für Vorurteil] auseinanderzusetzen. Genauso mit den Gefühlen von Wut, Verzweiflung und Gemeinschaft innerhalb einer nicht-männlich gelesenen Community. Unsere Masterarbeit soll sich in jedem Fall mit diesen Teilaspekten beschäftigen. ►Was fühlt ihr, wenn ihr an euer Projekt denkt? Erstmal Erleichterung und ein bisschen Stolz, dass wir von Idee bis finalem Schnitt und Colorgrading alles so zielstrebig und gut durchgezogen haben. Das Video selber berührt uns immer noch, obwohl wir es inzwischen wahrscheinlich hunderte Male gesehen haben. Der Text, das Licht, der Schnitt – irgendwie haben wir das Gefühl, wir haben es geschafft einen kleinen Baustein des sehr komplexen Themas weiblicher* Wut zu konservieren. ►Was habt ihr über euch gelernt? Teamarbeit gibt uns viel, auch wenn es manchmal schwer sein kann, allen Bedürfnissen gerecht zu werden. Außerdem hat die Arbeit in einem FLINTA* -Team noch mal mehr das Gefühl von Gemeinschaft gegeben. Vor allem hat uns aber auch die Arbeit mit einer performenden Person inspiriert, denn es war toll, dass wir zeitgleich Videoidee und Text entwickelt haben und bis zum Schluss nur mutmaßen konnten, wie sich beides zusammengießen lässt.
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